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Spinnerlied Die
Spinnerin Goehte
Die Spinnerin Voß
Die Spinnerin Keller
Gretchens Beichte
Lieder und Gedichte
Lieder über Flachs und Spinnen |
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Moralisches Spinnerlied
(aus: Des Knaben Wunderhorn
von Armin v. Brentano)
Spinn, Mägdlein Spinn!
So wachsen dir die Sinn;
Wachsen dir gelbe Haar,
Kommen dir die klugen Jahr.
Ehr, Mägdlein, ehr
Die alte Spinnkunst sehr;
Adam hakt und Eva spann,
Zeigen uns die Tugendbahn.
Lieb, Mägdlein , lieb
Der Hanna ihren Trieb;
Wie sie mit der Spindel kann
Nähren ihren blinden Mann.
Preis, Mägdlein, preis
Der Mutter Gottes Fleiß;
Diese heilige Himmelskron
Spann ein Röcklein ihrem Sohn.
Sing, Mägdlein, sing
Und sei fein guter Ding;
Fang dein Spinnen lustig an,
Mach ein frommes End daran.
Lern, Mägdlein, lern
So hast du Glück und Stern;
Lerne bei dem Spinnen fort
Gottesfurcht und Gotteswort.
Glaub, Mägdlein, glaub
Dein Leben sei nur Staub;
Daß du kömmst so schnell ins Grab,
Als dir bricht der Faden ab.
Lob, Mägdlein, lob
Dem Schöpfer halte Prob;
Daß dir Glaub und Hoffnung wachs
Wie dein Garn und wie dein Flachs.
Dank, Mägdlein, dank
Dem Herrn, daß du nicht krank,
Daß du kannst fein oft und viel
treiben dieses Rockenspiel.
Dank, Mägdlein, dank.
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Die Spinnerin
(Johann Wolfgang Goethe)
Als ich still und ruhig spann,
Ohne nur zu stocken,
Trat ein schöner junger Mann,
Nahe mir zum Rocken
Lobte, was zu loben war,
Sollte das was schaden?
Mein dem Flachse gleiches Haar,
und den gleichen Faden.
Ruhig war er nicht dabei,
Ließ es nicht beim Alten;
Und der Faden riß entzwei,
Den ich lang erhalten.
Und des Flachses Stein-Gewicht,
Gab noch viele Zahlen;
Aber, ach! Ich konnte nicht
Mehr mit ihnen prahlen.
Als ich sie zum Weber trug,
fühlt ich was sich regen,
Und mein armes Herze schlug
Mit geschwinden Schlägen.
Nun beim heißen Sonnenstich,
Bring ich’s auf die Bleiche,
Und mit Mühe bück ich mich
Nach dem nächsten Teiche.
Was ich in dem Kämmerlein
still und fein gesponnen,
kommt - was kann es anders sein? -
Endlich an die Sonnen.
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Die Spinnerin
(Johann Heinrich Voß, geb. 1751)
Ich saß und spann vor meiner Tür;
Da kam ein junger Mann gegangen.
Sein braunes Auge lachte mir,
Und röter glühten seine Wangen.
Ich sah vom Rocken auf und spann
Und saß verschämt und spann und spann.
Gar freundlich bot er guten Tag
Und trat mit holder Scheu mir näher.
Mir ward so Angst; der Faden brach;
Das Herz im Busen schlug mir höher.
Betroffen dreht ich’s wieder an
Und saß verschämt und spann und spann.
Liebkosend drückt’ er mir die Hand
Und schwur, daß keine Hand ihr gleiche,
Die schönste nicht im ganzen Land,
An Schwanenweiß’, an Ründ’ und Weiche.
Wie sehr dies Lob mein herz gewann!
Ich saß verschämt und spann und spann.
Auf meinen Stuhl lehnt er den Arm
Und rühmte sehr das feine Fädchen.
Sein naher Mund, so rot und warm,
Wie zärtlich haucht er: süßes Mädchen!
Wie blickte mich sein Auge an!
Ich saß verschämt und spann und spann.
Indes an meiner Wange her
Sein schönes Angesicht sich bückte,
Begegnet ihm von ungefähr
Mein Haupt, das sanft im Spinnen nickte;
Da küßte mich der schöne Mann.
Ich saß verschämt und spann und spann.
Mit großem Ernst verwies ich’s ihm;
Doch ward er kühner stets und freier,
Umarmte mich mit Ungestüm
Und küßte mich so rot wie Feuer.
O, sagt mir, Schwestern, sagt mir an:
War’s möglich, daß ich weiterspann?
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Die Spinnerin.
(Gottfried Keller, 1819 - 1890)
I.
Rinne sanft, du weiche Welle,
Schöner Flachs durch meine Hände,
Daß ich dich mit stiller Schnelle
Fein zum goldnen Faden wende!
Du Begleiter meiner Tage
Wirst nun bald zum Tuch erhoben,
Dem ich alle Lust und Klage
Singend, betend eingewoben.
Wie so schwer bist du von Tränen.
Schwer von Märchen und von Träumen,
Wie so schwer vom schwülen Sehnen
Nach des Lebens Myrtenbäumen!
Ahnt wohl er, du traute Linne,
Welch geheimnisvolle Dinge,
Welchen Schatz der tiefsten Minne
Ich mit dir ins Haus ihm bringe?
Kühler Balsam seinen Wunden
Sollst du werden, mein Gewebe -
Wohl ihm, daß er mich gefunden
Unter dieses Gartens Rebe!
Wie durchdringt mich das Bewußtsein,
Daß ich ganz sein Glück soll werden
Und das Kleinod seiner Brust sein,
Und sein Himmel auf der Erden!
II.
Nur diesen letzten Rocken
Noch spinnt der Mädchenfleiß,
Dann schmiegt euch, meine Locken,
Dem grünen Myrtenreis!
Ich habe lang gesponnen
Und lange mich gefreut:
Zum Bleichen an der Sonnen
Liegt meine Jugendzeit.
Hat er wohl auch das Seine
Mit treuem Mut getan?
Betreten schon die eine,
Des Mannes Ehrenbahn?
Hat innig er begriffen
Die Arbeit seiner Zeit?
Hat er das Schwert geschliffen
Zum letzten Kampf bereit?
Weh ihm, wenn er nicht rechten
Für unsere Freiheit will!
Weh ihm, wenn er nicht fechten
Für sein gewissen will
Dann mag mein Liebster minnen
Nur auf und ab im Land
Und dies mein bräutlich Linnen
Wird dann sein Grabgewand!
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Gretchens Beichte.
(Hoffmann von Fallersleben 1789 - 1874)
„Wieder ist es lange zehn -
Sollst nie mehr spinnen gehen!"
„Mutter darfst mich heut nicht schmälen,
Saß so still und spann und spann;
Wenn die andern was erzählen,
Bin ich schuld daran?"
„Wie erzählen - was das fehlt!
Und was ist denn erzählt?"
„Lauter artige hübsche Sachen,
Von den Nixen, von den Fei’n,
Von den Rittern, von den Drachen,
Von der Liebe Pein."
„Gretchen, aber nichts verhehlt!
Wer hat denn das erzählt?"
„Nachbars Heinrich, - willst du’s wissen -
Keiner kann’s so gut wie er;
Ach, und durft’ er mich dann küssen,
Wußt’ er immer mehr.
„Das ist hübsch und das ist schön!
Sollst nie mehr spinnen gehen! -„
„Mutter, soll ich’s etwa büßen,
Was sich ziemt beim Pfänderspiel?
Für drei Märchen einmal Küssen -
Mutter; - ist’s zu viel?"
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