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Die Seide
edelste Textilfaser aus der Natur |
Vorgeschichte
Die Naturseide ist das Gespinnst von bestimmten Insekten,
die sich als Raupen zur Verpuppung in ein Kokon einspinnen.
Der wichtigste Seidenspinner ist der Bombyx Mori L. beheimatet
in China. Die Chinesen verstanden es bereits um 2700 v.
Chr. den endlos langen Faden vom Kokon abzuhaspeln und
daraus kostbare Gewebe herzustellen.
Der Sage nach war es die Kaiserin
Xiling, der das zum erstenmal gelang. Sie begann die Seidenraupen
zu züchten und legte damit den Grundstein zur hochentwickelten
chinesischen Seidenkultur. Über viele Jahrhunderte blieben
Seidenraupenzucht und die Gewinnung dieser Edelseide das
sorgsam gehütete Geheimnis und Monopol der Chinesen. Hier
sind auch die Anfänge der Brokatweberei zu suchen, dem
exklusiven, reich gemusterten, mit Goldfäden durchwirkten
seidenen Stoff.
Die Chinesen begannen schon im Altertum
ihre Seidenstoffe zu exportieren. Die „Seidenstraße“ ist
heute legendär. Über diese Wege gelangten die kostbaren
Güter westwärts, bis nach Rom, wo Seide aus China nachweislich
seit etwa 150 v. Chr. bekannt war. Der Transport erfolgte
von Peking aus durch die unendlichen Weiten Chinas, entlang
der Wüste Gobi und Taklamakan bis zum 4000 km entfernten
Kashgar, weiter auf verschiedenen Wegen über das Pamirgebirge
nach Turkistan zu dem alten Handelsplatz Samarkant. Von
da aus durch Persien, über den Tigris und entlang dem
Euphrat durch Syrien, bis die Ware schließlich zu den
westlichsten Punkten der Landroute gelangte, nach Damaskus,
dem phönizischen Tyros oder dem oströmischen Antiochia
am Mittelmeer. Von dort wurden die Stoffballen mit Schiffen
nach Rom gebracht. Bis heute ist diese Route noch nicht
endgültig erforscht.
Zur Beförderung der Güter über das
Land gebrauchte man Ochsenkarren oder die Lasttiere, die
in dem Gebirge jeweils beheimatet waren. Es dauerte sechs
bis acht Jahre, bis die Waren am möglichen Ziel im Westen
angelangt waren. Dazwischen lagen eine Vielzahl an Handelsorten,
denn es wurde nicht nur Seide westwärts, sondern im Gegenzug
auch Luxusgüter wie Jade, Glas, Gold, Elfenbein, Bernstein,
Weihrauch und anderes ostwärts transportiert. Von diesem
Handel profitierten alle an dieser Route beheimateten
Völker; an die 36 verschiedene Reiche und Provinzen durchquerten
die Waren bis zum Mittelmeer.
Über die Jahrhunderte, bis um 1370
n. Chr. wanderten die Karawanen jeweils zum nächsten Umschlagplatz,
dort kamen die Waren in Lagerhäuser des jeweiligen Khan
oder seines Agenten, der sie gegen seine Güter eingetauscht
hatte. Was nicht im Lande verblieb wurde erneut aufgeladen
und, mit einer neuen Karawane, auf den Weg weiter nach
Westen gebracht. Jedermann hütete seine Kontakte und das
Wissen um die Marschroute sorgfältig, hielt die Herkunft
der kostbaren Seidenballen im Dunkel und trug so zum geheimnisvoll-exotischen
Nimbus dieser Luxusartikel bei; das steigerte deren Wert.
Den Chinesen gelang es nie, eine eigene, direkte Verbindung
zu den Abnehmern der Seidenstoffe im fernen Rom herzustellen.
Schon sehr bald wurden auch die Seidengarne
aus China ausgeführt, so daß zunächst in Indien, später
in Persien und im vorderen Orient seit der Antike ebenfalls
Seidenwebereien entstanden. Im Oströmischen Reich und
in Ägypten gab es nachweislich mehrere Zentren für Seidenweberei,
von wo aus die Stoffe in den ganzen Mittelmeerraum verkauft
wurden. Die Zucht dieser Seidenraupe Bombyx Mori L. sowie
die Aufarbeitung der Kokons und das Färben des Materials
blieb lange chinesisches Geheimnis, was angesichts der
enormen Strecke über ein Drittel der Erdoberfläche und
den vielen Sprachbarrieren nicht verwundert.
Über China, dem Land der „Serer“,
wußte man im antiken Abendland kaum etwas. Die Vorstellungskraft
reichte nicht aus, um die Entfernung und die Hindernisse
einzuschätzen, die zu überwinden waren, bis dieses Material
in die Werkstätten am Mittelmeer zur Verarbeitung gelangte.
Neuere Forschungen ergaben allerdings, daß sich entlang
der Handelsstraße im Laufe der Zeit auch die Haltung dieses
Seidenspinners verbreitet hatte, doch erst im 6. Jahrhundert
gelangten die ersten, zur Weiterzucht geeigneten, Kokons
vom Byzantinischen Reich aus auch nach Europa. Nachdem
die Züchtung der Seidenraupe Bombix Mori und die Aufarbeitung
des Kokons zum Faden nun auch in den südeuropäischen Ländern
gelang, förderten Kirche und Staat solche Projekte, entwickelten
sich verschiedene Städte zu Zentren für Seidenweberei,
wobei das mitteleuropäischen Seidengewerbe auf den Import
von Garnen aus den südlichen Ländern angewiesen war.
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Die Gewinnung des Seidenfadens
Bei der Bombyx Mori L. oder dem „Maulbeerspinner“ handelt
es sich um einen unscheinbaren Nachtfalter, der für seine
Entwicklung vier verschiedenen Stufen durchläuft:
Ei - Raupe - Puppe - Schmetterling. Die Puppe, d.h. das
Kokon, das die Raupe zur Verpuppung um sich herum spinnt,
ist ein brauchbarer Faden, die Seide. Um diesen Faden
zu gewinnen, bedarf es vieler Arbeiten und sorgfältiger
Aufzucht der kleinen Tiere.
Als Nahrung braucht dieser Seidenspinner
die Blätter von Maulbeergewächsen (Moraceae). Von den
vielen Arten dieser Spezies sind zwei wichtig: Die weiße
Maulbeere (Morus alba) ist in Ostasien beheimatet, vor
allem in den Bergen Nordchinas. Sie ist die Nahrungsgrundlage
der chinesischen Seidenraupen. Die schwarze Maulbeere
(Morus nigra) wächst im Mittelmeergebiet und wird hier
auch verfüttert, obwohl sie nicht so gut ist wie die weiße.
Das Futter beeinflußt Farbe und Güte des Seidenfadens.
Das reine weiß chinesischer Seide hat mit der weißen Maulbeere
zu tun, doch die kann in Europa nicht kultiviert werden.
Für die Erzeugung des Raupenfutters
pflanzt man die Maulbeere bevorzugt in Hecken, auch
als Büsche oder Sträucher an, da diese Arten schneller
ertragfähig sind und leichter zu ernten als Bäume. Da
die Blätter über die ganze Wachstumsperiode hin selektiv
geerntet und die Pflanzen häufig beschnitten werden, entwickelt
sich ein dichtes Blattwerk. Die Maulbeergewächse sind
empfindlich gegen Nachtfröste im Frühjahr, wachsen also
nicht in rauhem Klima, außerdem brauchen sie einen nährstoffreichen
Boden und sorgfältige Pflege.
Die frisch abgelegten Eier des Maulbeerfalters
sind blaßgelb, innerhalb gut vier Tagen verfärben sie
sich bleigrau bis grünlich; damit hat die erste Entwicklungsphase
des Embryos stattgefunden. In diesem Stadium überwintert
das Ei bis zum nächsten Frühling. Unbefruchtete Eier bleiben
gelb und vertrocknen.
Dann ist Brutzeit, das Ei braucht
jetzt Wärme zur weiteren Entwicklung. Aus den Eiern schlüpfen
nach etwa zehn Tagen winzige, kaum 3 mm lange Räupchen
aus, die dank ihrer ungeheuren Freßlust innerhalb 35 -
40 Tagen zu einer Länge von 9 - 10 cm heranwachsen, dabei
nehmen sie das 8000fache an Gewicht zu. Während dieser
Zeit häuten sie sich viermal.
Die gesamte Aufzucht der Raupen erfolgt
im Haus. Die Raupen werden auf Brettern oder Tabletts
gehalten, die auf Gestellten bewahrt werden. Die Tierchen
brauchen während der ganzen Zeit ihres Raupendaseins eine
permanente, sorgfältige Betreuung. Ihre Unterlage muß
sauber sein, deshalb werden sie laufend umgesetzt. Zunächst
ist die Unterlage aus Papier, später sind es feine Gitterroste,
so daß der Kot nach unten fallen kann. In den ersten Tage
brauchen die Raupen alle halbe Stunde, Tag und Nacht,
neues Futter. Die frisch gepflückten Maulbeerblätter werden
auf die Raupen gelegt, sie verschwinden in kurzer Zeit.
Nach jeder Häutung wird die Blätterportion größer, kann
in größeren Abständen gefüttert werden. Das Futter muß
immer gerade frisch gepflückt sein, welkes oder nasses
Laub wird nicht gefressen.
Die Raupen sind äußerst empfindlich
gegen Zugluft, gegen Lärm von Außen oder fremde Gerüche
und, vor allen Dingen, gegen Krankheiten. Wird der Raupenbestand
z. B. von der Pepitrine oder Flecksucht, oder der Schlafkrankheit
befallen, so kann das verheerende Folgen haben. Der ganze
Bestand, d.h. die wochenlange Arbeit kann vernichtet werden.
Die Betreuerinnen der Raupen achten daher darauf, daß
kein Unbefugter das Raupenhaus betritt und so Krankheitskeime
eingeschleppt werden.
Sind die Raupen reif zum Einpuppen
sehen sie glasig aus, so voll sind sie mit Spinnsubstanz;
sie stellen die Futteraufnahme ein. Die Tiere brauchen
jetzt einen ruhigen Platz um sich einzuspinnen; „sie geht
auf den Bergpfad“ sagen die Chinesen. Dort bindet man
mit Büscheln aus Reisstroh kleine Kegel zu „Spinnhütten“,
doch auch gebundenes dürres Reisig oder entsprechende
Gitterroste dienen diesem Zweck. In diese kleinen Hütten
klettern die Raupen und suchen sich ihr Plätzchen. Nun
beginnt die Raupe mit dem Spinnvorgang, indem sie zuerst
verschiedene Haltepunkte an das Stroh oder die Reiser
setzt und mit etwas Fadengewirr, der Flockseide, ein loses
Netzwerk bildet. Ist dieses Stützgespinnst haltbar genug,
beginnt die Raupe mit dem Kokon, der kleinen, eiförmigen
Hülle, in der sich die Verwandlung zum Falter vollzieht.
Drei Tage lang, ohne Unterbrechung umhüllt sie sich, legt
sie ihr Gespinnst in achterförmigen Windungen rund um
ihren Körper und bildet dabei einen Faden, der bis zu
3000 Meter Länge haben kann.
An der Unterlippe der Raupe befindet
sich die Spinnwarze, aus der die Flüssigkeit ausgepreßt
wird, die an der Luft sofort erstarrt. Die Spinnmasse
stammt aus zwei Drüsen im Körper, die im letzten Abschnitt
vor der Spinnwarze zusammenlaufen und ihren Inhalt gleichzeitig
abgeben; d. h.: der Kokonfaden besteht aus zwei hauchdünnen
Fäden Fibroin (der Seide), jeder ist umhüllt mit klebendem
Serizin (Seidenleim oder Seidenbast). Nach dem Austritt
an die Luft verkleben die Fäden miteinander.
Nach einer Ruhepause von etwa drei
Wochen ist die Metamorphose der Raupe zum Nachtfalter
abgeschlossen. Der Schmetterling zerstört die Spitze des
Kokons und kriecht heraus. Doch durch die jahrtausendalte
Zucht und Inzucht der Maulbeerspinner sind diese so weit
degeneriert, daß sie weder fliegen noch fressen können.
Ihre entsprechenden Organe sind stark zurückgebildet.
Die Falter sind sofort nach dem Schlüpfen auf die Paarung
ausgerichtet, die ein Akt von bis zu zwölf Stunden sein
kann. Die Männchen sterben gleich danach, während die
Weibchen anschließend sofort mit der Eiablage beginnen.
Sie legen 300 bis 500 Eier ab und sterben dann ebenfalls.
So beginnt der Kreislauf wieder von vorn. Doch man läßt
nur so viele Falter schlüpfen, als zur Weiterzucht gebraucht
werden.
In heutigen China gibt es bei der
Zucht der Maulbeerspinner Arten, die „polivoltin“ , das
meint „mehrbrütig“ sind; diese Arten kennen keine Winterpause
nach der ersten Entwicklungsphase des Embryos im Ei. Die
von den Weibchen abgelegten Eier entwickeln sich innerhalb
von etwa 10 Tagen fortlaufend weiter. Das bedeutet, daß
Chinas Bauern mehrmals während der vegetativen Wachstumsperiode
Maulbeerraupen heranziehen. Die Aufzucht der Raupen ist
heute noch reine Handarbeit.
Die meisten Kokons werden zur Weiterverarbeitung
eingesammelt, sobald die Raupe mit dem Einspinnen fertig
ist. Diese Kokons werden erhitzt oder heißem Wasserdampf
ausgesetzt, um die Puppen abzutöten. Dann weicht man die
Kokons in heißem Wasser ein damit sich der Seidenleim
löst, der die Windungen des Fadens im Kokon verklebt.
Mit einer Reisigbürste werden nun die im Becken schwimmenden
Kokons leicht gebürstet oder geschlagen, so daß die noch
anhaftende Flockseide um das Kokon an der Bürste hängenbleibt
und der Anfang des abhaspelbaren Fadens gefunden wird.
Diese Anfänge werden am Beckenrand abgelegt.
Jetzt beginnt das abhaspeln oder „spinnen“ des Kokonfadens.
Vom Becken aus läuft dieser erst durch einen glatten Ring
und dann zum Haspel, auf dem er zu einem Strang gewunden
wird. Durch die Drehbewegungen des Haspels bekommt auch
der Faden leichte Drehung. Da ein einzelner Kokonfaden
zu dünn ist, facht man mehrere, nach gewünschter Fadenstärke
drei bis acht, zu einem Faden zusammen. Der noch anhaftende
Seidenleim verklebt die Fäden wieder miteinander. Von
den 3000 m Faden eines Kokons sind etwa 800 bis 1000 Meter
an einem Stück abhaspelbar.
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Die Seide
wird von den Kokons abgehaspelt, „gesponnen“, Kupferstich |
Auch diese Arbeit ist in der Regel noch Handarbeit und
erfordern großes Geschick und Erfahrung von Seiten der
Hasplerin. Der einzelne Faden ist nämlich nicht gleichmäßig
dick innerhalb des Kokons, außen und im Innern ist er
dünner, zudem gibt es Unterschiede bei den einzelnen Exemplaren.
Um einen „Spinnfaden“ von gleichmäßiger Stärke zu bekommen,
muß ausglichen werden, d.h. wird ein Faden zu dünn oder
zu dick, wird er ausgewechselt werden gegen einen anderen,
besser geeigneten. Zudem sind abgelaufene Kokons gegen
neue zu ersetzen. Eine Hasplerin bedient mehrere Fadenstränge
gleichzeitig. Früher setzte eine Helferin den Haspel in
Bewegung, die Chinesen kannten einen Haspel mit Fußantrieb;
beide Hände der Hasplerin - oder Spinnerin - waren frei
für die Arbeit am Kokonbecken. Heute drehen sich die Haspel
mechanisch, doch sonst blieb alles wie früher. Nach dem
Haspeln werden die Stränge getrocknet. |
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Zeichnung eines Korbes voll mit Seidenkokons
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Schemazeichnung des Seidenhaspels,
Kupferstich
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alle zwei
aus:
RECUEIL DE PLANCHES SUR LES SCIENCES ET LES ARTS - Tisserand
- Paris 1772 |
Die Flockseide und die Reste der Kokons, der nicht abgehaspelt
werden kann, sowie die Kokons mit Loch, die
aus der Nachzucht anfallen, werden ebenfalls verarbeitet.
Man löst den Seidenleim in warmem Wasser und lockert die
Fasern dann auf und verspinnt sie in ähnlicher Weise wie
andere textile Fasern zu „Florettseide“. Dieser Faden
ist zwar stumpfer und ohne Glanz, auch nicht so glatt
oder fein gesponnen, er hat jedoch alle die guten Eigenschaften
echter Seide.
Die reine gehaspelte Edelseide des
Maulbeerspinners, ohne anhaftenden Seidenleim, ist weiß
und läßt sich gut färben; sie hat einen charakteristischen
Glanz und erzeugt beim Reiben ein knirschendes Geräusch,
den sog. „Seidenschrei“. Trotz der Feinheit des Fadens
ist er sehr reißfest und gut dehnbar.
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Die chinesische Seidenwürmerzucht
und das Aufwickeln des Fadens, Kupferstich um 1779
aus: RECUEIL DE PLANCHES SUR LES SCIENCES ET LES ARTS
- Tisserand - Paris 1772 |
Die „wilden Seidenspinner“
Neben dem Maulbeerspinner gibt es in allen Kontinenten
der Erde Insekten - Spinnen, Ameisen, Fliegen, Schmetterlinge
- die für Textilien brauchbare Fäden erzeugen, doch keine
dieser Arten ließ sich „zähmen“. Viele dieser seidigen
Gespinste wurden früher, schon seit der Antike, genutzt,
zumindest von heimischen Webern, doch nur wenige waren
auch wirtschaftlich und gewannen deshalb überregionale
Bedeutung .
Für die heutige Seidengewinnung sind
die verschiedenen Arten wilder Seidenspinner Asiens wichtig.
Einige sollen hier erwähnt werden: Der Atlasspinner
mit einer Flügelspannweite von 24 cm ist der größte und
schönste Schmetterling, er liefert in Indien, in Sri Lanka,
China und auf den Philippinen die „Fagara-Seide“;
aus den Kokons von Indiens Rhizinus-Spinner wird die
„Eri-Seide“ hergestellt.
Die wichtigste „Wildseide“ Ostasiens
ist die „Tussahseide“; ein Sammelbegriff für das Produkt
von mehreren Unterarten des Tussahfalters. In China bevorzugt
man z.B. einen Eichenspinner, Antheraea pernyi, der sich
von Eichenblättern ernährt. In Indien, wo ausschließlich
Wildseide erzeugt wird, hält man den Tussahspinner Antheraea
mylitta, der auch Laub von unterschiedlichen Bäumen
und Gehölzen frißt.
Alle Arten der wilden Seidenspinner
haben gemeinsam, daß sie sich nicht in Häusern halten
lassen wie der Falter Bombyx Mori L. Diese „Wildarten“
fressen nur draußen in der Natur. Sie sind weder auf Futterhürden
noch in Spinnhütten zu halten. Um eine ausreichende Kultur
der Schmetterlinge zu bekommen, werden in China und Indien
die Eier der Tussahspinner im häuslichen Bereich ausbrüten,
die geschlüpften Raupen setzt man dann auf Eichenbäumen
bzw. im Dschungel in Kolonien ab. So können auch abgelegene
Gegenden noch landwirtschaftlich genutzt werden. Man überwacht
die Tiere kaum, sie sind sich selbst überlassen bis zum
Einspinnen, dann sammelt man die Kokons ein. Diese Form
der Seidengewinnung birgt wenig Arbeit, jedoch auch weniger
Ernte, da die Tiere allen Umwelteinflüssen, Krankheiten
und vielen Feinden ausgesetzt sind.
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Nur die rechtzeitig eingesammelten Kokons können gehaspelt
werden, ein Großteil der Wildseide wird in üblicher Form,
also aus kürzeren Fasern, gesponnen. Die natürliche Farbe
wilder Seide spielt von gelb bis sandfarbig über bräunlich
zu grünlich mit vielerlei Variationen Sie wird in der
Regel belassen wie sie ist, denn die Wildseide läßt sich
schlecht färben. Die aus diesem Material gewebten Stoffe
haben einen eigenen Reiz, der durch den noppigen Charakter
des gesponnenen Faden und die vielen Farbnuancen entsteht. |
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Seidenwürmer werden
von den Bäumen
gesammelt, chinesische
Miniatur 19. Jahrhundert |
Literaturauswahl:
Timmermann, Irmgard, Die
Seide Chinas, eine Kulturgeschichte
am seidenen Faden, Köln 1986
Flemming, Ernst, Das Textilwerk , bearbeitet
von Renate Jaques, Tübingen 1957
Fischbach, Friedrich, Die Geschichte der Textilkunst,
St. Gallen 1883
Tügel, Hanne, Der entpuppte Luxus, Chinas Seide,
erschienen in Geo Nr. 1/92
Autorenkollektiv, Textile Faserstoffe, Leipzig
1967
Windeck-Schulze, Karin, Faserstoffe, Frankfurt/M
1940
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